Werbe-Kennzeichnungspflicht für Blogs und im Journalismus

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Selbstständige Journalistin mit dem Fokus auf Verbraucher- und Internetthemen, Buchautorin, Dozentin. Mehr Infos: Wirtschaft verstehen!, Facebook, @kuechenzurufGoogle+

#werbungdamarkesichtbar, #werbungdurchmarkierungdesortes oder #unbezahltewerbung sind nur drei der vielen Kennzeichnungsabsurditäten die man bei Instagram und anderswo findet. Richtig ist: Werbung muss gekennzeichnet werden. Was aber Werbung ist, scheinen viele Internetnutzer nicht zu wissen oder zu verstehen. Die Folge ist Intransparenz. Ganz abgesehen davon, dass es höchst unprofessionell ist, einfach alles zu kennzeichnen, ohne zu reflektieren, was man da eigentlich macht. Dankenswerterweise gibt es für alle, die nicht wissen, was sie tun (sollen), die Kennzeichnungsmatrik der Landesmedienanstalten. Da es zu ihr im Netz jedoch Falschinterpretationen gibt, habe ich bei Stefanie Lefeldt von der MABB nachgefragt. Ihre Antworten haben mir sehr dabei geholfen, zu entscheiden, wann ich etwas kennzeichnen sollte und wann nicht.

Es gibt auch eine ethische Kennzeichnungspflicht für Werbung
Es gibt auch eine ethische Kennzeichnungspflicht für Werbung

Mich hat aber auch interessiert, was eigentlich mein Berufsverband, der Deutsche Journalisten-Verband zu dieser Thematik sagt. Ich habe darum Michael Hirschler vom Referat Freie Journalisten einige Fragen vorgelegt. Hier sind seine Antworten:

In der Kennzeichnungsmatrix der Landesmedienanstalten heißt es zu Nummer 8 im Fließtext: „Verlinkung auf kommerzielle Websites“. Darunter verstehe ich die Internetauftritte von Unternehmen. Wenn ich für einen Kunden beispielsweise über Cloud-Anbieter schreibe, und diese als Mehrwert für den Leser verlinke, müssen diese Links als Werbung gekennzeichnet werden?
Wenn Sie vom Cloud-Anbieter dafür nichts bekommen, also kein Geld, keine kostenlose Leistung oder eine spätere Anzeigenschaltung, dann nicht.

Derzeit scheint ja strittig zu sein, ob das bei Blogs anders gehandhabt wird: Wenn ich zum Beispiel auf ein Café verlinke, in dem ich selbst bezahlt habe, muss ich dann kennzeichnen?
Wenn Sie vom Café dafür nichts bekommen, also weder Geld, noch eine kostenlose Leistung oder eine spätere Anzeigenschaltung, dann nicht. Siehe meine Antwort auf Frage 1.

Beiträge über Produkte, Reisen und Dienstleistungen

Zu Punkt 1 in der Tabelle der Kennzeichnungsmatrix heißt es „deren Veröffentlichung aber an Vereinbarungen/Bedingungen geknüpft ist“. Was bedeutet das konkret? Wenn ich als Bloggerin in ein Restaurant eingeladen werde, aber weder in der Einladung noch im persönlichen Gespräch erwähnt wird, dass man von mir erwartet, dass ich darüber berichte, gibt es weder eine Vereinbarung noch eine Bedingung. Muss der Beitrag trotzdem gekennzeichnet werden?
Wenn Sie tatsächlich frei sein sollten, ob Sie das veröffentlichen oder nicht, muss das nicht als Werbung gekennzeichnet werden. Auch die Richtlinien zu Artikel 15 des Pressekodex stufen das bislang nicht als verbotene Vergünstigung ein.

Allerdings muss sich jede/r Journalist/in oder Blogger/in selbstkritisch die Frage stellen, ob denn tatsächlich eine solche Freiheit vorhanden ist beziehungsweise gelebt wird – und ob das im Konfliktfall bewiesen werden kann. Wer dankbar über jedes Produkt, jede kostenlose Dienstleistung in untertänigem Ton mit bodenloser Nettigkeit berichtet, wer also alles kritiklos durchreicht, setzt sich zu Recht dem Vorwurf aus, keine Distanz zu haben, sondern de facto Werbung zu machen. Leider ist das bei manchen Journalisten oder Bloggern der Fall.

Gleiches gilt übrigens auch, wenn ich nicht über jedes Produkt berichte, sondern nur dann etwas publiziere, wenn es ein positiver Bericht wird. Wer diese Art von verlogenem „Nettigkeit-Journalismus“ beziehungsweise „Nettigkeit-Blogismus“ praktiziert, muss meines Erachtens vor jeden Post „Werbung“ schreiben.

Haben Sie vielleicht ein Beispiel?
Ein Fotograf berichtete vor einiger Zeit, dass er zur Foto-Berichterstattung auf Backstage-Events auf einer Großmesse nicht mehr eingeladen wurde, weil die Veranstalter die „netten Blogger“ vorzogen, die stets berichteten. Der Fotograf hielt dies nicht immer für sinnvoll oder möglich. Die Blogger waren in ihren Posts auch immer voller Lob für die Veranstaltungen. Faktisch machen solche Blogger Werbung für die Veranstaltung. Natürlich gibt es auch Journalisten, die so arbeiten. Dann sollten sie auch „Werbung“ auf ihre Beiträge schreiben. Denn hier wird der Leser darüber getäuscht, dass der/die „Berichterstatter/in“ in Wirklichkeit damit geschmiert wurde, dass er/sie kostenlos zur Veranstaltung durfte – und dort in der Regel auch sehr gut verpflegt wurde.

Ich persönlich fände es presse-ethisch beim „Test-Essen“ oder Ähnlichen sinnvoll, dass darauf hingewiesen wird, dass die Küche und auch die Bedienung wussten, dass Journalisten und Berichterstatter/innen anwesend waren. Insofern wäre auch das Kriterium eines echten Tests nicht gegeben, das heißt im Text sollte gar nicht erst behauptet werden, es sei überhaupt ein Test gewesen.

Um den eigenen Ruf zu retten, sollte auf die kostenlose Stellung von Produkten, Dienstleistungen oder Fahrzeugen beispielsweise stets hingewiesen werden. Auch das kann ja bereits eine Auswirkung auf den Artikel haben, weil man Ihnen vermutlich ein sehr ordentliches Exemplar geben würde. Das heißt, der Auto-Tester fährt dann nicht mit der Version für den Normalkunden, sondern einer Extra-Version, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat. Das ist natürlich viel mehr, als der Pressekodex bislang in seinen Richtlinien zu Artikel 15 verlangt, aber die Öffentlichkeit ist mittlerweile zu Recht so kritisch gegenüber dem Journalismus eingestellt, dass Dinge, die vor fünf Jahren noch durchgegangen sein mögen, jetzt nicht mehr zu empfehlen sind. Nur radikale Transparenz kann den Journalismus noch retten. Was natürlich noch besser ist: Nach dem kostenlosen Essen auch noch mal an einem ganz normalen Tag vorbeikommen. Der Kontrast zwischen Probe-Essen und Alltag könnte ja unter Umständen ein ganz eigenes Thema werden.

Um ein positives Beispiel zu nennen: Vor Jahrzehnten traf ich mal in einer Jugendherberge einen Autor für einen damals sehr populären internationalen Reiseführer. Er erzählte, dass er sich Hotels, Restaurants und ähnliches stets anonym anschaute, ohne Hinweis auf den bedeutenden Auftraggeber. Denn sobald das erkennbar wurde, änderte sich der Service oder die Qualität des Hotelzimmers. Mehr muss man zum Thema eigentlich gar nicht sagen.

Lese-Tipp: Das Buch Vorsicht Schleichwerbung (Werbe-Link zu Amazon*) von Dominik Bartoschek und Volker Wolff fasst zusammen, welche Formen der Werbung es eigentlich gibt, wie sie gekennzeichnet werden müssen, und was verboten ist. Exemplarisch wird anhand von Beschwerden beim Presserat gezeigt, was gerügt und was akzeptiert wird. Hilfreich, um zu verstehen, dass auch in Bezug auf die Kennzeichnungs-Diskussion die Welt nicht nur schwarz und weiß ist. Mein Fazit, nachdem ich mich mehrere Wochen mit dem Thema auseinandergesetzt habe: Man muss verstehen wollen, um was es eigentlich geht, um zu wissen, wie man sich richtig verhält. Wer nur versucht, seine Inhalte anhand vorgegebener Schablonen zu bewerten, oder wer einfach alles oder nichts kennzeichnet, hat genau das nicht verstanden.

Wie ist das, wenn ich als Bloggerin zu einem Pressetermin zu einer Restauranteröffnung eingeladen werde, und alle Anwesenden dort „Probe essen“. Müssen die Kollegen, die dann in einem offiziellen Medium darüber berichten, ihren Artikel auch kennzeichnen? Oder fällt auch das unter C in der Kennzeichnungsmatrix?
Rein rechtlich nicht, wenn keine Gegenleistung geschuldet wird wie etwa eine Veröffentlichung zum Thema oder wenn die Veröffentlichung des Berichts von der Schaltung einer Anzeige abhängig gemacht wird. Auch die Richtlinien zu Artikel 15 des Pressekodex stufen das bislang nicht als verbotene Vergünstigung ein.

Vom Wortlaut des Artikel 15 selbst wiederum könnte allerdings durchaus die Meinung vertreten werden, dass das bereits den Tatbestand der nach Artikel 15 verbotenen Vergünstigung erfüllt, denn es ist in der Gesellschaft eigentlich nicht üblich, Personen kostenlos zu bewirten. Und dass Journalismus ohne kostenloses Essengehen nicht möglich ist, wäre eine absurde Behauptung.

Der Leser, die Leserin erwartet vom Journalismus eine neutrale Berichterstattung, dazu gehört eigentlich auch, sich über hohe Preise aufzuregen und Hochpreisiges gar nicht beziehungsweise zumindest nicht kostenlos zu probieren, wenn man davon ausgehen muss, dass die Leser sich das gar nicht leisten können.

Wir haben ja heutzutage oft einen abgehobenen Journalismus, der Produkte bespricht, den sich viele nicht leisten können. Kaum eine Redaktion testet regelmäßig, ob die aktuellen Produkte bei „Action“ oder „Kik“ von ordentlicher Qualität sind, obwohl größere Teile der Arbeitnehmer in Deutschland dort einkaufen. Journalisten testen dagegen gerne das neueste Alessi-Produkt, nur weil es kostenlos gestellt wird – auch wenn das viele Leser gar nicht kaufen würden oder können. Was für ein toller Journalismus.

Screenshot Facebook: Kölner Stadtanzeiger kennzeichnet bezahlten Artikel als das, was es ist: Werbung
Screenshot Facebook: Kölner Stadtanzeiger kennzeichnet bezahlten Artikel als das, was es ist: Werbung

Allerdings nochmals der Hinweis: Bislang gibt es keine Richtlinie zu Artikel 15, die das kostenlose Essen klar als Vergünstigung einstuft. Ich persönlich würde allerdings dennoch aus den bereits genannten Gründen einen Hinweis aufnehmen, dass das Essen an einem offiziellen Termin stattfand, mithin kein anonymer Test war und damit eigentlich nicht einmal eine echte Probe. Und wie gesagt: mindestens ein weiteres Mal vorbeikommen und dann doch anonym essen, und gegen Entgelt.

Wie ist das bei einer Buchrezension? Ich bekomme ein Buch angeboten, ich bestelle es. Aber es liegt alleine an mir, ob ich etwas daraus mache und falls ja, was. Kennzeichnung?
Wie oben: Rein rechtlich nicht, wenn keine Gegenleistung geschuldet wird, also etwa eine Veröffentlichung zum Thema, oder wenn die Veröffentlichung des Berichts von der Schaltung einer Anzeige abhängig gemacht wird. Auch der Pressekodex verlangt das nicht in seinen Richtlinien zu Artikel 15. Allerdings würde ich das dennoch auch hier transparent machen. Denn mit der kostenlosen Überlassung erreichen reiche Großverlage, dass ihre Bücher eher besprochen werden als Kleinverlage, die das Geld dafür nicht haben. Insofern wird der Leser de facto auch betrogen. Was natürlich noch besser ist: Auch mal Bücher lesen, die man nicht kostenlos bekommt, oder den Kleinverlagen zumindest den Rückversand auf eigene Kosten anbieten. Sich vielleicht sogar zu einer Quote verpflichten, dass zum Beispiel nur 50 Prozent der besprochenen Bücher kostenlos besorgt werden beziehungsweise mit dem Auftraggeber der Rezension das Thema Kostenerstattung für Bücher offensiver als bisher diskutieren.

Wie ist das, wenn ich zu einer Reise eingeladen werde, ohne dass es entsprechende Absprachen gibt? Ich nehme an einem Programm teil, das ich mir nicht selbst ausgesucht habe, ich berichte wenn überhaupt das, was ich will – und durchaus auch kritisch. Muss das gekennzeichnet werden?
Wie oben: Rein rechtlich nicht, wenn keine Gegenleistung geschuldet wird, wie etwa eine Veröffentlichung zum Thema. Oder wenn die Veröffentlichung des Berichts von der Schaltung einer Anzeige abhängig gemacht wird. Der Pressekodex verlangt dagegen presse-ethisch in Richtlinie 15.1 zum Artikel 15, dass die Finanzierung offengelegt wird. Denn mit der kostenlosen Stellung einer Reise erreichen Großveranstalter, dass ihre Angebote oder Reiseziele eher besprochen werden als Anbieter oder Destinationen, die das Geld dafür nicht haben. Insofern wird der Leser de facto auch betrogen, wenn das nicht klargemacht wird.

So schreiben Journalisten dann wirklichkeitsfremde Berichte über extrem teure Safari-Reisen in Afrika, die sich außer den kostenlos reisenden Journalisten niemand leisten kann. Das, was große Teile der Arbeitnehmerschaft interessieren dürfte, beispielsweise gute Hotels auf Mallorca oder Tipps für das Reisen mit Flixbus, bleibt dagegen dann öfters außen vor. Was daher besser ist: immer auch über Anbieter und Destinationen schreiben, für die es keine kostenlosen Lesereisen gibt.

Im Pressekodex steht: „Recherche und Berichterstattung dürfen durch die Annahme von Geschenken, Einladungen oder Rabatten nicht beeinflusst, behindert oder gar verhindert werden. Verlage und Journalisten bestehen darauf, dass Informationen unabhängig von der Annahme eines Geschenks oder einer Einladung gegeben werden. Wenn Journalisten über Pressereisen berichten, zu denen sie eingeladen wurden, machen sie diese Finanzierung kenntlich.“ Daran habe ich mich bisher auch in meinen Blogs gehalten. Werden professionelle Blogger anders als hauptberufliche Journalisten behandelt? Oder anders gefragt: Muss ich als Blogger etwas kennzeichnen, was ich als Journalistin nicht kennzeichnen müsste?
Zunächst einmal: Der Pressekodex ist nicht zwingend, er gilt nur für journalistische Medien, die sich seinen Regeln freiwillig unterwerfen. Er gilt also für Blogger nur, wenn sie erklären, dass er für sie gelten soll. Wenn eine Zeitung – wie in der Regel – den Pressekodex auf sich anwendbar erklärt hat, wird das im Regelfall auch für deren Blogs gelten, sofern die Online-Seite und die damit verbundenen Blogs überhaupt zu dieser Zeitung gehören, was nicht immer der Fall ist. Für Blogger und Instagramer und so weiter können die Regelungen unter Umständen deswegen schärfer interpretiert werden, weil sie – wie oben schon berichtet – zu Teilen eine „Nettigkeitsberichterstattung“ praktizieren, wo letztlich jede Nachricht Werbung ist. Wer journalistisch bloggt, also auch kritisch und negativ berichtet, für den dürfte es rechtlich und presse-ethisch einfacher sein, sofern der Pressekodex überhaupt anwendbar ist.

Die Sache mit dem geldwerten Vorteil

Zu 1 heißt es in der Kennzeichnungsmatrix der Landesmedienanstalten im Fließtext „Eine Gegenleistung (geldwerter Vorteil) besteht beispielsweise auch in der Übernahme von Reisekosten oder bei Einladungen zu Events.“ Das spielt aber keine Rolle, wenn es keine Vereinbarungen gibt. Richtig? Oder impliziert die Einladung eine Vereinbarung?
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass hier der Fall gemeint ist, in dem eine Vereinbarung darüber getroffen wurde, dass der Anbieter des Produktes/der Dienstleistung erwähnt oder gar beworben wird. Wer als Journalistin kostenlos Produkte beziehen kann oder eben Dienstleistungen kostenlos wahrnehmen kann, ohne dass eine Berichterstattungspflicht explizit oder den Umständen nach faktisch besteht hat ja gar keine solche Vereinbarung getroffen. Allerdings weiß auch jeder, dass nur wieder eingeladen wird, wer positiv berichtet.

Im Übrigen ist natürlich klar, dass eine Vereinbarung nicht unbedingt in hochdramatischer Förmlichkeit geschlossen werden muss, sondern auch durch Verhalten getroffen werden kann. Eine Einladung dazu, an einer Veranstaltung anders als andere Leute kostenlos teilnehmen zu dürfen, wenn darüber berichtet wird, ist rechtlich gesehen ein Angebot. Wer dort im Wissen um diese Bedingung, also Kostenlosigkeit nur bei Berichterstattung, hingeht, erklärt rechtlich gesehen durch das konkrete Verhalten, dass das Angebot angenommen wird. Juristen nennen das „Konkludentes Verhalten“. Damit besteht rechtlich gesehen die Vereinbarung, dass die Teilnahme kostenlos erfolgt, aber auch die Berichterstattung zu erfolgen hat. Wenn ich dann noch die Erstattung der Reisekosten akzeptiere, habe ich erst recht eine Gegenleistung, und die Vereinbarung liegt spätestens darin, dass ich entweder mein Ticket oder meine Kilometer angebe oder aber die Zahlung akzeptiere und nicht sofort wieder zurücküberweise.

Nochmals zu Punkt 1 in der Kennzeichnungsmatrix: Wenn ich 3 Stunden in einem Restaurant bin, wir dort zu 2 für etwa 100 Euro verköstigt werden, ich im Anschluss etwa 3,5 Stunden schreibe, Fotos bearbeite, das Ganze ins Netz stelle, dann bin ich 6,5 Stunden beschäftigt. Das entspricht bei einem Stundenlohn von 85 Euro 552,50 Euro. Egal, ob es eine Vereinbarung gab oder nicht – in diesem Fall habe doch nicht ich den geldwerten Vorteil, sondern der Wirt. Oder sehe ich das falsch?
Die kostenlose Bewirtung ist nur dann ein Fall für die Medienanstalt, wenn eine Berichterstattungspflicht besteht.

Der Umstand, dass die Journalistin rein betriebswirtschaftlich gesehen dadurch sogar Verluste hat, dürfte aber keine Rolle spielen, da der Begriff des Vorteils in diesem Sinne nicht nach den Regeln des Einkommensteuerrechts betrachtet werden dürfte. Der normale Leser, die normale Leserin dürfte erst recht kein Verständnis dafür haben, dass Journalisten erklären, sie würden keine Vorteile durchs kostenlose Essen haben, sondern sogar Verluste. Der normale Bürger lacht da nur bitter auf und ruft: „Typisch Relotiuspresse, die erzählen uns noch Geschichten darüber, dass kostenloses Essen für sie auch noch verlustreich ist“. Ein wirklicher Aberwitz, den sich nur ein abgehobenes journalistisches System erlauben kann.

Journalist/inn/en sollten sich klar machen, dass der kostenlose Bezug von Waren, Produkten, die kostenlose Bewirtung und der freie Zugang zu Veranstaltungen für alle übrigen Bürger/innen eine traumhafte Situation ist, dass dies unglaubliche Vorteile sind. Viele Bürger müssen hart und endlos arbeiten, um solche Dinge für ehrlich verdientes Geld zu bekommen. Wer das nicht begreift, hat den Kontakt zur Realität verloren und darf sich nicht wundern, wenn „draußen“ die Bürger jeden Tag nur noch auf „korrupte Journalist/inn/en“ schimpfen und Medien überhaupt nicht mehr trauen.

Natürlich können (freie) Journalist/inn/en verbittert dagegen halten, dass ihre Honorare so niedrig sind, dass es anders nicht geht, aber das sorgt beim Bürger definitiv nicht für mehr Glaubwürdigkeit, sondern beweist dann für Außenstehende nur noch einmal mehr die Korruption und Verkommenheit des gesamten journalistischen Systems. Journalist/inn/en und auch Blogger/innen sollten sich klarmachen, dass das Thema kostenloser Produkte und Dienstleistungen ein Sprengsatz für ihre Glaubwürdigkeit ist.

*der Werbe-Link ist ein so genannter Affiliate-Link. Das heißt: Wenn du über diesen Link bei Amazon etwas bestellst, bekomme ich eine Gutschrift, ohne dass dir Mehrkosten entstehen.

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4 Kommentare zu “Werbe-Kennzeichnungspflicht für Blogs und im Journalismus

  1. Hallo Frau Blaß,
    Vielen Dank für Ihren Artikel. Ich versuche auch schon länger etwas Klarheit bei diesem Thema zu bekommen.
    Ich bin Hobby-mäßig im Brettspielbereich tätig und bekomme hier teils kostenlose und teils reduzierte Rezensionsexemplare. Eine Vorgabe zu einer Besprechung gibt es ausnahmslos keine. In einigen Fällen wird lediglich „um eine Besprechung bzw. Beleglink“ gebeten. Müssen nun Beiträge auf Instagram oder YouTube zu solchen Exemplaren als Werbung gekennzeichnet werden? Macht es einen Unterschied, ob es kostenlos oder reduziert war?
    Wie ist es mit Vorstellungsvideos von Messen, wo Verlagsvertreter Spiele vorstellen, wofür ich keinen direkten Gegenwert bekomme.

    Ich hoffe, Sie können etwas Licht ins Dunkle bringen.
    Viele Grüße
    Fabian Grimm

    1. Hallo Herr Grimm,
      ich bin keine Juristin. Aber genau um diese Fragen geht es sowohl in diesem Artikel, als auch in diesem hier: http://www.fitfuerjournalismus.de/wann-ihr-einen-blogbeitrag-als-werbung-kennzeichnen-muesst/. In Kombination mit der Kennzeichnungsmatrix der Landesmedienanstalten sollten Sie aus diesen Informationen Ihren Weg finden. Und falls Sie trotzdem noch Fragen haben, wenden Sie sich doch an die Landesmedienanstalten direkt.
      Viel Erfolg und viele Grüße

  2. Danke, danke und noch einmal danke! Hier werden ENDLICH mal die wirklich wichtigen Fragen gestellt und Antworten gegeben, die Tacheles reden. Umso schöner, dass ich die Ansichten teile. ;)
    Im Ernst: Als Reisebloggerin, die sich dem Pressekodex verschrieben hat, ist es wirklich wahnsinnig anstrengend, sich quasi täglich gegen Einladungen zu wehren, die angeblich „Presseeinladungen“ sind, in Wirklichkeit aber völlig klar nach Marketinggrundsätzen handeln. Da wird mir von Touristikern ins Gesicht gesagt, dass keine kritische Berichterstattung gewünscht ist – aber eine Werbekennzeichnung soll es dann bitte auch nicht sein. Und wie, ich kann keine 3 Instagram-Posts, Facebookposts und zwei Artikel versprechen? Die meisten Einladenden reagieren da fassungslos, wenn ich auf den Pressekodex hinweise oder sage, dass sie bei mir gerne eine Kampagne schalten können, diese dann aber auch mit Werbung gekennzeichnet wird.
    Das macht mich nicht nur wütend, sondern besorgt, denn natürlich nehmen viele Blogger*innen diese Einladungen dennoch an, und leider denken viele eben nicht darüber nach, was das langfristig mit unserer Gesellschaft und der Auffassung von Presse, Journalismus, Werbung und Transparenz darüber macht – eine fatale Entwicklung.
    Genauso trommele ich gerne bei Blogger*innen-Diskussionen für die eigene Auseinandersetzung mit einer vernünftigen Werbekennzeichnung, eben nicht alles zu kennzeichnen, aber natürlich bei Absprachen entsprechend ehrlich zu sich und den Leser*innen zu sein. Blöd nur, wenn solche Leitlinien leider eben kaum so deutlich diskutiert werden wie hier.
    Danke für das Interview, auf das ich ab sofort in Diskussionen gerne hinweisen werde.
    /Inka

    1. Liebe Inka,
      schön, dass dir unser Beitrag zusagt! Ich bin ehrlich gesagt entsetzt über das, was du schreibst. Zum Glück ist mir das noch nie passiert. Wenn jemand von mir eine konkrete Zahl an Texten oder Posts wollte, dann gab es dafür auch ein Honorar. Heißt: Wir waren somit in der PR und nicht mehr im Journalismus. Und dementsprechend habe ich die Beiträge auch gekennzeichnet. Das ist bisher aber nur sehr selten der Fall gewesen. Ansonsten werde ich immer nur ohne Forderungen eingeladen. Wobei mich gestern jemand sehr amüsiert hat: Einladung zum Kochkurs – als Gegenleistung wünscht er sich einen Artikel für seine Homepage. Aber das ist ein anderes Thema.
      Viele Grüße
      Bettina

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