„Objektive Fotografie gibt es nicht“

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Selbstständige Journalistin mit dem Fokus auf Verbraucher- und Internetthemen, Buchautorin, Dozentin. Mehr Infos: Wirtschaft verstehen!, Facebook, @kuechenzurufGoogle+

Heike Rost, Fotografin. Schwerpunkt: Dokumentarische Fotografie. ©HeikeRost.com
Heike Rost, Fotografin. Schwerpunkt: Dokumentarische Fotografie. ©HeikeRost.com

Welchen Einfluss haben Smartphones auf die Fotografie? Wie wichtig ist die Ausrüstung? Was ist wichtig, um ein gutes Bild zu machen? Die Fotografin Heike Rost hat im Interview Antworten auf viele Fragen.

Wie objektiv kann Fotografie sein?
Fotografie ist nicht objektiv. Wie ich Dinge wahrnehme ist immer auch abhängig davon, was ich erwarte, was ich sehen will. Und natürlich spielt ein Rolle, welche Belichtung ich wähle, welchen Ausschnitt des Gesehenen und welche Perspektive: Lege ich mich in den Schlamm, um ein Bild zu machen? Fotografiere ich auf Augenhöhe? Ganz abgesehen davon ist objektive Fotografie auch nur selten gewünscht. Medien fordern immer wieder eine neue Bildsprache, Fotos, die emotional dicht sind, wie es dann so schön heißt. Das kann nicht objektiv sein.

Wie wichtig ist die Nachbearbeitung von Fotos im Journalismus?
In vielen Redaktionen arbeitet man mit Ausschnitten und deren Vergrößerung – was übrigens nie eine objektive Wahl ist. Ein Bild wird in der Regel auch nie unbearbeitet abgedruckt. Das liegt unter anderem daran, dass viele professionelle Fotografen aus Qualitätsgründen – verlustfreie Kompression und Nachbearbeitung sind eingeschlossen – im RAW-Modus Bilder aufnehmen. Mit diesem Format können viele Redaktionen nichts anfangen. Also wird es bearbeitet und als JPEG gespeichert und geliefert. Kollegen, die tagesaktuell beispielsweise von den Olympischen Spielen berichten, bearbeiten ihre Bilder allerdings in der Regel nicht. Sie laden die Fotos direkt von der Kamera auf den Server des Auftraggebers.

Ist Bildbearbeitung Manipulation?

Ich halte es da mit dem Code of Ethics der National Press Photographers Association. Manipulation ist für mich, wenn ein Fotograf beispielsweise die Rauchwolken über Beirut mit Photoshop verstärkt, damit das Bild dramatischer aussieht.

Welche Technik ist notwendig, um ein gutes Bild zu machen?

Das kann man so nicht sagen. Die erste Frage ist: Welche Geschichte soll erzählt werden? Davon hängt ab, welche Technik ich einsetze. Davon hängt beispielsweise auch ab, ob ich Bildstrecken in Farbe oder schwarz-weiß ausarbeite. Ich fotografiere grundsätzlich in Farbe und wandele hinterher die Daten in Schwarzweiß um. Ausnahme: Aufnahmen mit der Leica Monochrome, die nur einen Schwarzweiß-Sensor hat, aber exzellente Bilddaten liefert.

Außerdem hängt davon ab, was am Ende produziert wird – ein Bild? Viele Bilder? Eine Audioslideshow? Wichtig ist, dass die Ausrüstung ans Projekt angemessen ist. Man braucht nicht immer die neueste Technik, man braucht das, was wichtig ist. Ein Beispiel: Ein Sportjournalist benötigt eine möglichst schnelle Kamera und meist lichtstarke, lange Brennweiten. Wenn man dagegen Porträts macht, ist es für mich besser, eine eher unauffällige Kamera zu haben, so kommt man näher an die Menschen heran. Technik ist nur ein Werkzeug. Meine wichtigste Ausrüstung sind mein Hirn, meine Augen, mein Humor und meine Erfahrung.

Wie beeinflussen Foto-Apps die Fotografie?
Grundsätzlich gilt zunächst: Die Kamera, die man bei sich hat, ist die beste. Habe ich nur ein Smartphone bei mir, kann ich auch damit Bilder machen. Voraussetzung: Ich kenne die technische Grenzen des Gerätes und weiß damit gestalterisch umzugehen. Ich muss zugeben, dass Apps wie Hipstamatic beispielsweise durchaus eine eigene Ästhetik haben, die uns als Betrachter prägt und beeinflusst. Das hängt mit dem Format zusammen, aber auch mit den Farben. Ich möchte an das #sandy Buch-Projekt erinnern oder an das Beispiel des Fotografen Damon Winter, der mit seinen Hipstamatic-Bildern aus Afghanistan einen Preis gewonnen hat – und vor allem um die Diskussion darum. Es hat sich mit Foto-Apps etwas Neues herauskristallisiert – und warum auch nicht?

Ich mag es allerdings nicht, wenn Instagram als Foto-App bezeichnet wird. Es gibt viele sehr gute und sehr nützliche Foto-Apps, aber Instagram ist mehr eine Vertriebsform, ein Marketingkanal, den ich übrigens auch nutze.

Heike Rost hat eine Fotografenausbildung beim Lette Verein Berlin gemacht. Zehn Jahre arbeitete sie als Fotografin für Agenturen und Tageszeitungen. 1998 beendete sie die tagesaktuelle Arbeit – unter anderem, weil Arbeitszeit und nötige Investitionen in keinem Verhältnis mehr zu den gezahlten Honoraren standen. Seitdem liegt ihr Fokus auf der dokumentarischen Fotografie.

Zum Weiterlesen:
Heike Rosts Facebook-Seite
Heike Rost bei Twitter
Heike Rost schreibt in ihrem Blog Image and View über Instagram. Über Smartphones und Holzweg-Debatten. Und über die Zukunft des Bildjournalismus.

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Ein Kommentar zu “„Objektive Fotografie gibt es nicht“

  1. Durchaus interessanter Artikel über den Einfluss der neuen Medien auf die Fotografie !
    Ich habe mir diese Fragen schon oft gestellt ob sich die Fotografie beeinflussen lässt durch Smartphones oder durch neue Formen der Fotografie z.B. Selfies etc.
    Schön wie Sie dieses Thema in Ihrem Artikel aufgegriffen haben :)
    LG Thomas

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