Leserfrage: Spezialist oder Alleskönner? Und muss ich ständig bloggen?

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Freier Journalist mit Schwerpunkt Technik, Sachbuchautor und Dozent. Nerd, Geek und vieles mehr. Homepage: www.timo-stoppacher.de Weitere Profile von mir: @CGNTimo, Facebook und Instagram. E-Mail timo@stoppacher.de

Ich weiß Leserfragen sehr zu schätzen, weil wir so am besten erfahren „wo der Schuh drückt“. Dieser Leser hat sich gleich mit drei Fragen an uns gewandt.

„Ich studiere im Moment meine letzten Semester fertig (Philosophie und Skandinavistik) und habe gemerkt, dass es mir Journalismus, insbesondere Reportagen und „Geschichten erzählen“ am meisten Spass macht. Mittlerweile habe ich meine ersten bezahlten Veröffentlichungen hinter mich gebracht.

Allerdings sitze ich an manchen freien Tagen am Schreibtisch und habe keine Ahnung, was ich tun soll. Da drängen sich mir folgende Fragen auf:

  1. Selbstmarketing: Muss ich dauernd irgendwas posten und schreiben, das nicht unbedingt die Qualität eines bezahlten Artikels einnimmt? (v.a.Blog-bezogen)
  1. Texte anbieten: Ich habe bisher fertige Texte eingereicht, die dann angenommen wurden. Aber wie sieht es aus, wenn ich eine Idee habe und z.B. ein bestimmtes Magazin dafür im Kopf, in dem das Thema ideal wäre? Gibt es soetwas wie ein Muster-Anschreiben? Oder sollte man einfach authentisch und persönliche Angebote machen?
  2. Themenfindung: Über alles schreiben, was einem gerade in den Sinn kommt und irgendwohin schicken oder lieber die guten Themen rauspicken?“

Meine Antworten:

„Freie Tage“: Ich habe in der Tat das Bloggen und generell Social Media als Zeitvertreib dafür entdeckt. Nun bringt es keinen weiter, wenn er den ganzen Tag Katzenvideos guckt (wobei ich mal einen Artikel über Katzenvideos als Werbeträger geschrieben habe, da gehörte das zur Arbeit). Ich habe „Auftragslücken“ für mein Selbstmarketing genutzt. Das mehr oder weniger regelmäßig.

Ständig bloggen?

Nein, Du musst nicht bloggen oder twittern nur um des Bloggens oder Twitterns Willen und schon gar nicht jeden Tag, jedoch mit einer gewissen Regelmäßigkeit. Wenn es etwas gibt, von dem Du denkst, dass es für jemanden da draußen interessant ist und für Dich irgendwie ein kleines bisschen Werbung darstellt, feel free.

Du musst ja, wenn Du als freier Journalist weitermachen willst, überlegen, wofür Du stehst und Dich positionieren.

Positionierung

Nehmen wir mal an, Du willst Dich dauerhaft als „Geschichtenerzähler“ positionieren. Dann schreibst und veröffentlichst Du Deine Reportagen. Beim Recherchieren wird jede Menge Material übrig bleiben, das Du im Blog verwertest. Oder Du kannst im Blog/in Social Media über Deine Projekte reden. Wohin bist Du unterwegs? Was ist Dein nächstes Thema? Was waren Reaktionen auf Deine letzten Artikel? Dazu empfiehlst Du dann auch andere spannende Reportagen, die Du gelesen hast. Das heißt natürlich, die eigene Egozentrik ein bisschen aufzubrechen.

Such Dir Dein Medium für Deine Zielgruppe beziehungsweise passe Dich den Medien an, für die Du schreibst.

Erst schreiben oder nach Auftrag arbeiten?

Ich habe noch nie einen Text fertig recherchiert/geschrieben und dann erst angeboten, sondern immer nur nach erfolgtem Auftrag losgelegt (bisschen Vorrecherche fand schon statt). Ich wollte nie Gefahr laufen, nachher auf einem Text „sitzenzubleiben“. Wenn das für Dich bisher funktioniert hat, kannst Du das auch weiter machen.

Wenn Du eine Idee für ein bestimmtes Medium hast, und die noch nicht umgesetzt ist, ruf einfach einen Redakteur da an und sag ihm, was Du vor hast. Natürlich muss man sich darauf entsprechend vorbereiten und Kaltakquise ist nicht jedermanns Sache – meine auch nicht. Überleg Dir, was genau Du anbieten willst und versuche, die Kernaussage des Textes in ein oder zwei Sätzen zusammenfassen. Die journalistische Wissenschaft nennt das den Küchenzuruf.

Findet der Redakteur das gut, will er vielleicht noch wissen, für wen Du schon gearbeitet hast. Meistens wird dann noch ein schriftliches Exposé, alsoder Küchenzuruf in länger mit ein zwei Detailinfos, per Mail verlangt. Wenn dann eine Woche nichts mehr kommt, würde ich vorsichtig nochmal telefonisch nachhaken.

Nur eine Mail zu schicken, hat nach meiner Erfahrung noch nie funktioniert. Man ist unbekannt, der Redakteur kriegt zu viele Mails. Später wenn man sich kennt, reicht vielleicht auch eine Mail und der Redakteur kriegt leuchtende Augen, wenn der nächste geniale Themenvorschlag von Dir im Postfach liegt.

Auf die Positionierung bin ich oben schon mal kurz eingegangen. Keiner kann alles und auch kein Journalist kann über alles schreiben – auch wenn das viele Kollegen denken. Ich bin mit meiner Spezialisierung auf Technik immer gut gefahren. Was vielleicht daran liegt, dass das nur wenige machen. Such Dir ein Themengebiet, wo es nicht so viel Konkurrenz gibt, oder sei einfach um Klassen besser. Qualität spricht sich rum. Außerdem muss es natürlich Abnehmer für die Themen geben. Skandinavien geht, glaube ich, in allen Facetten gut. Nur Reportagen aus Skandinavien zu liefern, ist vielleicht wieder zu eng. Und wenn Du nach ein paar Jahren merkst, dass aus  Deinem Themengebiet irgendwie die Luft raus ist, such Dir ein Neues. Auch im Journalismus gibt es Trends. Vor ein paar Jahren hättest Du am Kiosk keine vegane Kochzeitschrift gefunden.

In eigener Sache

Wir bei Fit für Journalismus freuen uns immer über Eure Fragen. Manchmal ist es aber gar nicht so einfach, sie zu beantworten. Vor allem, wenn wir erst einmal in unserem Netzwerk nach einem Kollegen suchen müssen, der vielleicht eine bessere Antwort kennt. Wir machen Fit für Journalismus nicht, um damit reich zu werden. Aber wir haben natürlich schon Kosten: für den Server, für ein neues Bezahl-Layout, manchmal für Bilder aus Datenbanken. Hinzu kommt natürlich unsere Zeit: Sie knapsen wir uns entweder von der Freizeit ab. Oder wir recherchieren und schreiben eine Antwort während der Arbeitszeit – können dabei aber natürlich nicht für unsere zahlenden Kunden arbeiten. Falls Euch unsere Antworten weiterhelfen, freuen wir uns darüber, wenn Ihr unsere Arbeit unterstützt. Spendet über Paypal einfach den Betrag, den Euch unsere Antwort wert ist. Dann haben wir beide etwas davon.

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