Netzwerken lernen im Ehrenamt

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Freier Journalist mit Schwerpunkt Technik, Sachbuchautor und Dozent. Nerd, Geek und vieles mehr. Homepage: www.timo-stoppacher.de Weitere Profile von mir: @CGNTimo, Facebook und Instagram. E-Mail timo@stoppacher.de

Als ich Journalismus studiert habe (2003 bis 2007), war die Medienkrise schon im Gange. Besser geworden ist es seitdem nicht, weshalb ich das Wort Krise nicht passend finde. Denn Krise bedeutet, dass es irgendwann wieder besser wird. Ich weiß nicht, ob es jemals wieder besser werden wird. Stattdessen ist schon jetzt vieles anders geworden. Statt Krise finde ich Begriffe wie Wandel oder Transformation sinnvoller.

In meinem Studium kam die Krise nicht vor. Oder man könnte sagen, die Wirklichkeit kam nicht vor. Wie der Arbeitsmarkt aussah, darüber haben wir nicht gesprochen. Stattdessen haben wir unter künstlichen Bedingungen Nachrichten gemacht, viele nette Texte geschrieben und uns in unseren Diplomarbeiten Themen gewidmet, die irgendwie wissenschaftlich waren. Themen wie Selbstständigkeit, Selbstvermarktung oder Netzwerken zur Jobsuche waren nicht auf der Tagesordnung.

Festanstellung: schwierig!

Wichtig für den beruflichen Erfolg: ein Netzwerk
Wichtig für den beruflichen Erfolg: ein Netzwerk

Fast zehn Jahre weiter hat sich daran kaum etwas geändert. Weder an meiner Alma Mater, noch an vielen andere Ausbildungsstätten. Und so werden weiterhin jedes Jahr viele Journalisten „produziert“, die zwar ihr Handwerk beherrschen, aber mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben werden, auf die sie keiner vorbereitet hat. Ich gebe mein Bestes, junge Menschen auf die Realität vorzubereiten. Ich unterrichte an zwei Fachhochschulen und erzähle jedem Studenten, egal ob er es wissen will oder nicht, dass seine Chancen auf eine Festanstellung ziemlich gering sind. Irgendjemand muss es ihnen sagen.

Als eine Kölner Schülerin neulich twitterte, dass sie Gedichte in vier Sprachen analysieren könne, aber keine Ahnung von Steuern oder Mietverträgen habe, ging sofort die Diskussion los, was Schule vermitteln muss. Ich möchte diese Diskussion auf den Journalismus anwenden, weil ich immer noch den Eindruck habe, dass sie dort nicht angekommen ist.

Netzwerken wird einem nicht im Studium beigebracht

Erst vor kurzen traf ich einen ehemaligen Studenten wieder, der sich nach Studienabbruch nun als selbstständiger Videojournalist versucht. Er konnte mir genau sagen, was er dafür aus dem Studium mitnehmen konnte und was ihm fehlt: „Netzwerken“. Er habe gemerkt, wie wichtig das sei, um weiter zu kommen. Als überzeugter Netzwerker kann ich ihm da nur zustimmen. Als freier Journalist bekomme ich viele Aufträge über mein Netzwerk.

Nach dieser Begegnung habe ich mich gefragt, wo ich eigentlich das Netzwerken gelernt habe. Ich denke, dass das bei mir im Ehrenamt im DJV war. Seit Beginn meines Studiums war ich DJV-Mitglied und ich bin gleich zu einigen Veranstaltungen hin, weil ich neugierig auf meine zukünftigen Kollegen war. Nun waren meine ersten DJV-Veranstaltungen eher gesellige Rentnertreffen, aber schon bald entdeckte ich die Veranstaltungen für junge Journalisten, die es im DJV gibt. Die meisten Veranstaltungen wurden ehrenamtlich von anderen Mitgliedern organisiert, sodass man schnell ins Gespräch und in Kontakt kam. Mein Netzwerk begann zu wachsen.

Und nach ein paar Treffen machte ich mit und auf einmal leitete ich den DJV-Fachausschuss Junge Journalistinnen und Journalisten in NRW. Heute bin ich Mitglied im Landesvorstand und in mehreren Arbeitsgemeinschaften.

Netzwerken fürs Berufsleben

Ich will jetzt nicht explizit den DJV über den grünen Klee loben. Es gibt – wie vermutlich in jedem Verein – auch Dinge, wo man einfach nur die Augen rollt. Dazu hatte ich schon mal was bei Lousypennies fremdgebloggt. Aber ich weiß, dass mein Engagement im DJV mit dafür verantwortlich ist, wie sich mein Berufsleben entwickelt hat. Denn im DJV habe ich erfahren, wie die Realität im Beruf aussieht. Durch persönliche Berichte von anderen Journalisten, Erfahrungsaustausch auf Veranstaltungen und so weiter. Ich habe mir dort ein großes Netzwerk aufgebaut, das auch noch weiter wächst und mir immer wieder hilft.

Mir liegt dieses Thema auch darum am Herzen, weil sich regelmäßig junge Kolleginnen und Kollegen an mich wenden, um zu diversen Fragen meine Meinung zu hören.
Was ihnen fehlt merkt man in der Regel sofort: ein Netzwerk. Egal ob im DJV oder in anderen Verbänden, jeder in unserem Beruf braucht ein starkes Netzwerk. Einzelkämpfer werden an ihre Grenzen stoßen. Und dieses Thema muss unbedingt auf die Agenda jeder Journalistenausbildung.

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Ein Kommentar zu “Netzwerken lernen im Ehrenamt

  1. Die spinnen, die Dörfler – Die eine Art der Gemeinschaft: Wer mit 200 oder 500 Menschen in einem Dorf lebt, kennt nach kurzer Zeit fast jeden im Ort. Vom Einkauf beim Bäcker, vom Feuerwehrfest, vom Sportverein oder von der Singstunde. Ein natürliches Netzwerk mit festen und weniger festen Fäden entsteht. Das spinnen die Dörfler ohne Mühe. Wer hingegen als Journalistin oder Journalist arbeitet, kann nicht alle anderen der zigtausend Kolleginnen und Kollegen im Land persönlich kennen – muss man auch nicht. Schon gar nicht jeden zweiten Pressesprecher, Bürgermeister, Gewerkschaftsvertreter oder Informanten. Aber die Menschen, die für die eigene, ganz individuelle Arbeit wichtig und richtig sind, deren Namen samt Kontaktdaten gehören in ein kleines Büchlein geschrieben. Old-fashioned formuliert. Schließlich hilft auch das Internet enorm beim Kontakte-wiederfinden.
    Eine einfache Übung zum Netzwerken, klappt auch ohne Ehrenamt: Aufschreiben (!), mit wem man in den vergangenen Jahren beruflich persönlich gesprochen hat. Das werden garantiert weit mehr als 1000 Namen. Wer danach Tastatur oder Stift noch klar erkennen kann, schreibt auf, wen davon er innerhalb des vergangenen Jahres häufiger beruflich am Telefon oder im Vier-Augen-Gespräch „getroffen“hat. Und das ist dann nur der innere Bereich des persönlichen (Spinnen-)Netzwerks. Wer mag, kann die Übung ja auch mal mit Mail-Kontakten oder Kontakten via sozialen Netzwerken durchspielen ;-)
    Trotzdem guter Hinweis des Kollegen Stoppacher mit dem Ehrenamt und der Agenda jeder Journalistenausbildung! Aber bitte nicht sich vernetzwerkeln ;-)

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