Als Freier Journalist im Spannungsfeld zwischen Zeit und Geld

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Selbstständige Journalistin mit dem Fokus auf Verbraucher- und Internetthemen, Buchautorin, Dozentin. Mehr Infos: Wirtschaft verstehen!, Facebook, @kuechenzurufGoogle+

Neulich war ich auf einem Seminar, bei dem es darum ging, als Freiberufler leistungsfähig und gesund zu bleiben. Was wie ein weiches Thema klingt, hat sich ganz schnell als Lektion in Wirtschaftswissen entpuppt.

Ist doch klar, was ich will, war mein erste Reaktion, als der Seminarleiter uns bat, unsere Arbeitsaufgaben und –abläufe zu analysieren und damit herauszufinden, was wir eigentlich wollen: Ich will als Freier Journalist Geld verdienen. Doch als ich mir den Fragebogen zur Selbstreflektion anschaue, stelle ich fest, dass die Antwort gar nicht so einfach ist, wie ich sie mir vorgestellt hatte:

Zwei Komponenten, um die sich vieles dreht: Zeit und Geld
Zwei Komponenten, um die sich vieles dreht: Zeit und Geld. Foto gemacht mit der App Phoster.

Zunächst soll ich meine Unternehmensziele angeben: Ich will nette und fair-zahlende Kunden, um so viel zu verdienen, dass ich gut davon leben kann. Außerdem möchte ich, dass mir meine Arbeit Spaß macht. Dann soll ich meine individuellen Ziele angeben: Ich möchte mit einem möglichst geringen Zeitaufwand so viel verdienen, dass ich gut davon leben kann. Gleichzeitig möchte ich in der Lage sein, meine freie Zeit zu genießen. Ich stelle wieder einmal fest, dass Antwort 1 und 2 zusammenhängen: Je besser meine Kunden zahlen, desto weniger muss ich arbeiten. Je netter sie sind, und je mehr Spaß ich an der Arbeit habe, desto leichter kann ich auch meine Freizeit genießen, ohne ständig über ärgerliche Kunden oder Aufgaben nachzudenken.

In der Praxis ist das Ganze aber komplizierter:

  • Nicht alle Kunden zahlen gut.
  • Die Arbeit macht nicht immer Spaß.
  • Ich kann meine Freizeit nicht immer genießen.

Natürlich ist mir das in der Theorie alles bewusst. Aber – Stichwort bewusste Inkompetenz – ich handle im Berufsalltag nicht immer so, wie es zielfördernd wäre. Nehmen wir das Beispiel des schlecht-zahlenden Kunden: In diesem Fall gibt es ein Missverhältnis zwischen Honorar und geleisteter Zeit. Will ich an diesem Zustand etwas ändern, habe ich zwei Möglichkeiten:

  1. Ich investiere weniger Zeit. Somit gebe ich also keinen perfekten Artikel ab, sondern einen, der in der Zeit zu schaffen ist, die der Kunde bezahlt. Dann lebe ich allerdings auch mit der Gefahr, dass er nicht zufrieden mit meiner Arbeit ist. Das könnte meinem Ruf schaden. Aber ich gewinne dadurch Zeit.
  2. Ich arbeite einfach gar nicht mehr für schlecht-zahlende Kunden. Dadurch gewinne ich ebenfalls Zeit, in der ich mir besser zahlende Kunden suchen kann. Denn Zeit ist Geld.

Zusammenarbeit mit schwierigen Kunden
Zahlt der Kunde sehr gut, ist aber nie mit dem zufrieden, was man liefert, kann man den Ärger möglicherweise lange unterdrücken. Das Honorar ist dann allerdings nicht mehr als ein Schmerzensgeld. In dem Fall läuft man Gefahr, den Ärger mit nach Hause zu schleppen und an Familie oder an Freunden auszulassen. Das ist keine gute Idee, denn so wird die wenige Zeit, die man hat, vergrämt. Darum sollte man sich in diesem Fall überlegen, was wichtiger ist: das Geld, oder langfristig betrachtet die so genannte emotionale Gesundheit. Zahlt der Kunde schlecht und nervt er zusätzlich, springt also am Ende kein Geld heraus, und die Zeit ist auch unnötig vertan, sollte man im Gegenteil nicht lange überlegen, sondern sofort aufhören, für ihn zu arbeiten.

Es ist lustig, dass ich das schreibe. Denn ich neige durchaus dazu, mit schwierigen Kunden zu lange zu kooperieren. Ich habe mir nach diesem Seminar vorgenommen, dass mir so etwas nie mehr passieren wird. Wenn ich das schaffe, ist aus der bewussten Inkompetenz eine bewusste Kompetenz geworden. Und in meinem Leben gibt es einen Stressor weniger. Dann hat das Seminar seinen Zweck erfüllt.

Wie haltet Ihr es mit Kunden, die schlecht zahlen oder nie zufrieden sind? Abstoßen oder durchhalten?

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6 Kommentare zu “Als Freier Journalist im Spannungsfeld zwischen Zeit und Geld

  1. Es gibt ja noch einen weiteren Faktor, der zu beachten ist: Bringt mich der Kunde in meiner beruflichen Entwicklung weiter, weil ich dort Sachen umsetzen kann, die ich woanders nicht umsetzen kann, oder weil Veröffentlichungen bei ihm gut fürs Re­nom­mee sind? Wenn das auch nicht der Fall ist … na, dann ist der Fall doch klar, oder?

  2. Sehe ich genau so, Damian. Allerdings war mir das früher wichtiger. Heute wüsste ich erstmal kein Medium, das mich fachlich oder thematisch weiterbringen würde. Und das Renomee ist mir nach zwölf Jahren als Selbstständige auch nicht mehr so wichtig. Das wäre sicherlich anders, wenn ich mich inhaltlich anders ausrichten wollte oder ich künftig mit anderen Darstellungsformen als Text Geld verdienen wollte.

  3. Hallo Bettina,

    ich bin erst seit einigen Monaten hauptberuflich tätig, daher kann ich noch keine fundierten Erfahrungen teilen. Meine bisherigen Kunden waren allesamt zum Glück zufrieden, und in den meisten Fällen stimmte auch die Bezahlung. Was mich aber interessiert: Was war das für ein Seminar, aus dem du damals deine Lehren gezogen hast?

    Viele Grüße
    Daniel

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