Vor einiger Zeit habe ich Marcus Lindemann vom Autorenwerk gefragt, welche Erfahrungen er mit Dozentendatenbanken hat. In diesem Zusammenhang erzählte er mir, dass er selbst ein Seminar angeboten hatte. Er hatte es einem Verband für dessen Mitglieder vorgeschlagen, doch der hatte kein Interesse. Da er Zugang zu einem Verteiler hatte, bot er es kurzerhand selbst an. „Das hat gut funktioniert“, sagt Marcus Lindemann. „Ich werde das künftig öfter machen.“
Bei diesem Gespräch fiel mir ein, dass ich auch vor Jahren selbst Seminare angeboten hatte. Bei mir war der ausschlaggebende Grund, dass ich einen unfassbar günstigen Raum mit Computern und Internetzugang mieten konnte. Um diese Gelegenheit zu nutzen, bot ich drei Seminare rund um die Themen Web 2.0 und Social Media an – und alle drei waren ruckzuck ausgebucht. Das mag am Preis gelegen haben: Ich hatte mir überlegt, was ich für vier Stunden an einem Samstag bekommen möchte, hatte die geringen Raumkosten addiert und durch die Zahl der Teilnehmer geteilt. So konnte ich das Seminar für weit unter hundert Euro pro Person anbieten.
Erhöhter Verwaltungsaufwand
Ich habe damals diese Schiene nicht weiter verfolgt. Das lag daran, dass erstens der Kontakt zum Raumvermieter abbrach. Zweitens: Zwei der Journalisten, die zum Seminar gekommen waren, bezahlten die Rechnung nicht rechtzeitig und mussten gemahnt werden. So etwas finde ich unter Kollegen und bei so niedrigen Summen sehr ärgerlich. Drittens: ich arbeite nicht gerne an Samstagen, aber unter der Woche mögen die Kunden nicht so gerne Seminare.
Seminare als Werbung
Später habe ich mit meinem Kollegen Thorsten Olscha von rankingCHECK ein Spendenseminar zu SEO und Journalismus angeboten. Wir nutzten seinen Raum, das Geld haben wir an Village Africa gespendet. Für uns lag der Sinn des Seminars darin, zu sehen, ob wir miteinander Workshops geben können. Jetzt wissen wir, dass es geht – und haben es auch schon mehrfach über den DJV gemacht. Auch im Projekt Digitalien habe ich Workshops angeboten. Sie waren genau eine Stunde lang und liefen ebenfalls auf Spendenbasis. Diese Workshops hatten einen Werbecharakter: Dadurch kamen nette Kontakte und vier Aufträge zusammen.
Warum Lousypennies Seminare veranstaltet
Karsten Lohmeyer und Stephan Goldmann von lousypennies.de gehen das Thema nochmals anders an: „Wir haben ein zweitägiges Blog-Seminar entwickelt“, sagt Karsten Lohmeyer. „Dazu haben wir eine 99-seitige Präsentation gemacht, ein Handout mit 70 Seiten und eine eigene Facebook-Gruppe für Nachfragen eingerichtet“. Das ist viel Arbeit – zuviel im Regelfall für das, was man als Dozent von einem Seminarveranstalter als Honorar bekommt. Und das ist genau der springende Punkt: „Wir übernehmen das unternehmerische Risiko. Dafür verdienen wir aber auch das, was unsere Arbeit wert ist“, sagt Karsten Lohmeyer. Noch ein Vorteil: Da das Seminar nicht im Auftrag konzipiert wurde, sondern unter der Marke Lousypennies, können die beiden es ganz oder auszugsweise ausschlachten, wenn sie es in einem anderen Rahmen geben. Der Mehrfachverwertung steht also nichts im Wege.
Karsten Lohmeyer und Stephan Goldmann haben auch das Problem der nicht-bezahlten Rechnungen gekonnt umschifft: Sie verkaufen die freien Plätze über Amiando. „So müssen wir keine Rechnungen schreiben und dem Geld nicht hinterher rennen“, erklärt Karsten Lohmeyer. „Dafür bekommt Amiando einige Prozent des Eintrittspreises.“ Für die Seminarteilnehmer hat die Buchung über Amiando den Vorteil, dass sie beispielsweise mit Kreditkarte oder Paypal bezahlen können. Auch Rabattcodes vom Lousypennies-Team für Studenten oder Mitglieder des Presseclub Münchens lassen sich so bequem einlösen. „Die Presseclub-Kollegen bekamen bei uns Rabatt, weil wir erstens in den Räumen des Presseclubs das Seminar gehalten haben. Zweitens hat der Presseclub für uns getrommelt – wir hatten also eine Kooperation, die beiden einen Nutzen gebracht hat“, erklärt Karsten Lohmeyer.
Seminare anbieten: Gut kalkulieren!
In München lief das Seminar mit großem Erfolg. Außerdem gebe es Anfragen aus Berlin oder Hamburg, dort das Seminar ebenfalls durchzuführen. „Das geht aber nicht zu diesem Preis“, so Karsten Lohmeyer. „Denn dann haben wir Reisekosten.“ Trotzdem denkt man bei Lousypennies darüber nach, wie man das Bloggerseminar auch in anderen Städten anbieten könnte und ist dazu auf der Suche nach Räumen und Kooperationspartnern.
Fazit: Wer sein Wissen an den Mann bringen will, sollte sich zunächst einen möglichst günstigen Raum suchen, der aber alle notwendigen Kriterien erfüllt. Auf der Grundlage der Raummiete lässt sich kalkulieren: Was will ich verdienen? Was können meine Kunden zahlen? Dann ist es sinnvoll, sich einen passenden Verband ins Boot zu holen, der für das Seminar ein bisschen wirbt. Im Journalismus können das beispielsweise die DJV-Landesverbände sein.
Danke für die Einblicke. Ich gebe seit Jahren Seminare und ich finde das lohnt sich für Journalisten sehr: Man vermittelt sein Fachgebiet, darf Rechercheergebnisse teilen, bekommt unmittelbares Feedback und wenn man langsam einen Kundenstamm aufbaut, dann wird das schnell zur Haupteinnahmequelle. Bei mir läuft das zumindest prima.
Auf jeden Fall. Ich gebe auch seit 12 Jahren Seminare. Die Frage ist aber auch: Veranstaltet man sie selbst, oder bietet man sie über einen Bildungsträger an. Wie sieht das bei Dir aus?
Bis jetzt habe ich die Seminare immer über Bildungsträger, Institute, Akademien und so weiter angeboten. Ende des Jahres – wenn alles nach Plan klappt – werde ich dann meinen eigenen Seminarraum mit Technik und so haben. Dann starte ich auch langsam mit kleinen Privatseminaren und baue das langsam auf. Auch liegen mir ein paar Themen am Herzen, die ich einfach mal anbieten will, die sonst kein Bildungsträger anbieten wollte…
Der Raum ist ja immer der Knackpunkt: Will man nur einmal eine Seminaridee ausprobieren, kostet ein Seminarraum z.B. in einem Hotel mit WLAN in Köln so ca. 150€. Und dann weiss man auch noch nicht einmal, ob die Technik gut ist.
Yep, das ist der springende Punkt! Viel Erfolg!
Übrigens schön, wie Du Deine WordPress-Seiten gestaltest :)
Danke!
Habt ihr schon mal an Webinare gedacht? Keine Fahrtkosten, relativ günstige „Raumkosten“!
Daran habe ich auch schon gedacht. Mich juckt aber der persönliche Kontakt und das Feedback der Teilnehmer. Man kann in einem Seminar mit anwesenden Menschen viel persönlicher, schneller und flexibler reagieren. Aber ausprobieren will ich das unbedingt auch mal.
Aber gute Webinare benötigen auch wieder eine ganz andere Art von pädagogischer Vorbereitung.
Ja. Ist in Planung. Aber im Moment sind so viele Baustellen …